Schutzmaßnahmen - Kaliumjodidprophylaxe
Bei KKW-Unfällen können radioaktive Jodisotope in erheblichem Maße freigesetzt und mit der radioaktiven Wolke über große Strecken transportiert werden.Radioaktive Jodisotope können durch
· Inhalation radioaktiv verseuchter Luft
· Ingestion kontaminierter Nahrungsmittel und
· in bedeutender Menge über die Haut
in den Körper aufgenommen werden und zu einer Strahlenbelastung vor allem der Schilddrüse führen.
Als Folge der Strahlenbelastung wäre ab einer Latenzzeit von ca. 5 bis 10 Jahren in der exponierten Bevölkerung eine erhöhte Rate an Schilddrüsentumoren zu befürchten. Die Ingestion von Radiojod wird wirkungsvoll durch eine strikte Nahrungsmittelkontrolle limitiert. Die Aufnahme inhalierter radioaktiver Jodisotope in die Schilddrüse läßt sich durch die zeitgerechte Einnahme von Kaliumjodidtabletten blockieren.
Da aber Jodidtabletten auch eine (altersabhängige) Rate an Nebenwirkungen aufweisen, muß für jede Altersgruppe eine differenzierte Nutzen-Risiko-Analyse vorgenommen werden. Auch die Interventionsschwelle (d.h. jene Schilddrüsendosis, ab der die Einnahme der Tabletten empfohlen wird) ist nach dieser Analyse festzulegen. Das hier vorgestellte Konzept bezüglich des Einsatzes von Jodidtabletten unterscheidet folgende Altersgruppe/Personengruppe:
· Neugeborene (1.Lebensmonat)
. 1. Monat bis unter 3 Jahre
. 3 Jahre bis unter 12 Jahre
. 12 Jahre bis unter 18 Jahre
· Schwangere und Stillende
· Personen von 18 bis unter 40 Jahre
· die Bevölkerungsgruppe über 40 Jahre
Unter Berücksichtigung der u.a. Gesichtspunkte ergibt sich folgende Vorgangsweise:
Die Einnahme der Jodidtabletten kann für die Gruppe der 0- bis 18-jährigen bereits ab dem Interventionsrichtwert von 10 mGy (erwartete Schilddrüsendosis nach Inhalation) empfohlen werden. Diese Gruppe weist bei Beachtung geeigneter Vorsichtsmaßnahmen den größten Nutzen und das geringste Risiko durch die Einnahme von Jodidtabletten auf. Für diese Gruppe wird daher die öffentliche Bevorratung von Kaliumjodidtabletten vorgesehen.
Für Schwangere und Stillende wird die Tabletteneinnahme ab dem Interventionsrichtwert von 100 mGy empfohlen. Für Schwangere und Stillende ist ebenfalls die öffentliche Bevorratung vorgesehen.
Für Erwachsene von 18 bis unter 40 Jahren wird die Tabletteneinnahme ebenfalls ab dem Interventionsrichtwert von 100 mGy empfohlen. Für diese Gruppe gibt es die Möglichkeit der privaten Vorsorge. Kaliumjodid-Tabletten können gegen einen geringen Unkostenbeitrag bei Apotheken abgeholt werden.
Für die Gruppe der über 40-jährigen wird die Einnahme von KJ-Tabletten generell nicht empfohlen, da ein erhöhtes Risiko der Auslösung von Hyperthyreosen und sogar thyreotoxischen Krisen besteht.
Kaliumjodidtabletten sind keine universell wirksamen "Strahlenschutztabletten". Sie schützen bei zeitgerechter Einnahme nur die Schilddrüse vor inkorporiertem Radiojod. Sie schützen nicht gegen andere radioaktive Substanzen und nicht gegen Strahlung, die von außen auf den Körper einwirkt. Zusätzlich erforderliche Schutzmaßnahmen (z.B. vorübergehender Aufenthalt in geschlossenen Räumen, Nahrungsmittelkontrolle werden dadurch keineswegs überflüssig!
Dosierungsschema
Organisation der Kaliumjodidprophylaxe